Soziales Verständnis
Sternentaler e.V. und das Konzept des betreuten Einzelwohnens

Wohngruppen sind eine bekannte Alternative für Jugendliche, die nicht bei ihren Eltern bleiben können. Doch das ist nicht für jeden geeignet. Sternentaler e.V. hat deshalb das Konzept des betreuten Einzelwohnens entwickelt und kooperiert dabei eng mit der WGS.
Schwerin • Seit rund sieben Jahren bietet der Verein für Kinder-, Jugend- und Familienhilfe Sternentaler e.V. diese besondere Wohnform an. Geschäftsführer Heiko Höcker (Foto, l.) wendet sich regelmäßig an die WGS, wenn ein Jugendlicher im betreuten Einzelwohnen unterkommen soll. Sein regelmäßiger Ansprechpartner ist Kundenbetreuer Sören Klaus (r.).
hauspost: Wie sind Sie auf die Idee des betreuten Einzelwohnens gekommen?
Heiko Höcker: Manche Jugendliche sind nicht gruppenfähig und haben zum Beispiel Bindungsstörungen. 2018 haben wir dann das Konzept entwickelt, um jungen Menschen die Chance zu geben, mithilfe von Betreuern in einer eigenen kleinen Wohnung selbstständig zu werden und auf eigenen Beinen zu stehen.
hauspost: Welche Voraussetzungen gelten für diese Wohnform und wie werden die Jugendlichen unterstützt?
Heiko Höcker: Die Jugendlichen müssen zwischen 16 und 18 Jahre alt sein, dürfen keine Alkohol- oder Drogenprobleme haben und müssen etwas tun – also entweder gehen sie noch zur Schule, sind in einer berufsvorbereitenden Maßnahme oder bereits in Ausbildung. Unsere Betreuer helfen bei allen Alltagsdingen – sie teilen wöchentlich 100 Euro für den Lebensunterhalt zu, zeigen, wie man gesund kocht und auch wie man putzt und wäscht. Was monatlich von der Grundsicherung übrig bleibt, fließt zum einen in Kosten für Internet oder Handy und wird für Kleidung angespart. So lernen sie mit Geld umzugehen.
hauspost: Wann kam die WGS ins Spiel?
Heiko Höcker: 2018 haben wir den ersten Jugendlichen bei der WGS untergebracht und in Sören Klaus einen sehr guten Ansprechpartner mit einem hohen Maß an sozialem Verständnis gefunden. Er interessiert sich für die Geschichten der einzelnen Jugendlichen.
hauspost: Herr Klaus – wie gehen Sie vor, wenn Heiko Höcker mit einer Anfrage auf Sie zukommt?
Sören Klaus: Ich bin im Stadtteil Lankow tätig und muss vor allem schauen, ob wir gerade etwas Passendes frei haben. Dann verabreden wir eine klassische Besichtigung, sodass ich auch immer die Gelegenheit habe, die Jugendlichen kennenzulernen. Wir sprechen dann auch über Rücksichtnahme gegenüber Nachbarn und vieles mehr. Heiko Höcker und ich stehen zu jedem Zeitpunkt im Austausch.
hauspost: Waren Sie von Anfang an so aufgeschlossen?
Sören Klaus: Ich war zuerst vorsichtig, weil ich mit Jugendlichen aus problematischen Familiensituationen noch keine Berührungspunkte hatte, aber ich muss sagen, dass nur sehr selten eine Maßnahme abgebrochen worden ist. In der Regel funktioniert das betreute Einzelwohnen sehr gut! Die Erfolge zeigen, dass es sich lohnt, den Jugendlichen diese Chance zu bieten.
hauspost: Welche Erfolgsgeschichten gibt es zum Beispiel?
Heiko Höcker: Da ist eine junge Frau mit Migrationshintergrund, die ein Gymnasium besucht, ehrenamtlich bei UNICEF arbeitet und bald studieren möchte. Oder ein junger Schweriner, der sich selbst ans Jugendamt gewandt hat , weil seine Eltern ihn rausgeworfen haben. Er hatte eine Lehre im Sinn, sie wollten unbedingt, dass er studiert – das war der Grund. Jetzt ist er in der Bewerbungsphase für eine Ausbildung. Sein Fall zeigt: Es sind oftmals intelligente Jugendliche, die einfach in schwierige Umstände geraten sind. Werden sie volljährig, müssen sie übrigens nicht ausziehen, sondern haben die Möglichkeit, weiterhin in der WGS-Wohnung zu bleiben. Der Mietvertrag wird dann von uns auf sie umgeschrieben.